Veit-Jakobus Dieterich – Die Reformatoren

Kategorie: Gelesene Bücher
Andi Meyer am 3. März 2010 um 20:31 Uhr

Die Zeit der Reformation war eine besondere Zeit, in der das Fundament für eine neue Epoche gelegt wurde. Martin Luther, Thomas Müntzer, Huldrych Zwingli, Philipp Melanchton und Johannes Calvin haben mit ihren unterschiedlichen Charakteren und ihrer spezifischen theologischen Arbeit ihre Beiträge zu diesem Umbruch in Europa geleistet: revolutionäre soziale Positionen, Verankerung im Bürgertum, Bildung, individuelle Ethik und vieles Mehr – zum Teil zusammenwirkend, zum Teil in erbitterter Gegnerschaft. Dieterich gibt in dem 160 Seiten starken rororo-Bändchen eine exzellente Zusammenfassung für jeden, der sich einen kurzen Überblick über die Reformationszeit verschaffen will.
(Gelesen Februar 2010)

Müller-Ulrich, Burkhard – Medienmärchen
Gesinnungstäter im Journalismus

Kategorie: Gelesene Bücher
Andi Meyer am 4. Juni 2009 um 23:37 Uhr

Gleich vorweg: «Medienmärchen» ist eine überholte Abrechnung mit der massenmedialen Infotainment-Schwemme. Ein Buch über die Medienwelt, geschrieben 1996, muss heute veraltet sein. Das Buch, vor Jahren aus einer Wühlkiste gekauft, habe ich im Juni 2009 mit leichter Nostalgie gelesen. Es tauchen vertraute, verstaubte Themen auf: Waldsterben, Tschernobyl, Mumia Abu-Jamal.

An den aufgezeigten Missständen des Medienbetriebs hat sich nichts geändert, im Gegenteil. Internet, Online-Journalismus, Google-News, RSS-Feeds, Twitter, Facebook, Gratiszeitungen haben Geld- und Zeitdruck für die journalistische Arbeit erhöht und den Lebenszyklus einer Nachricht verkürzt. Online kann ich mich heute auch über journalistische Fehlleistungen informieren, etwas im bildblog.de. Doch die Aufklärung kann den Informationswert der ursprünglichen Meldung kaum erhöhen. Nichtssagendes bleibt nichtssagend, auch wenn es richtiggestellt wird. Der kritische und klare Blick, das Mühen um Verständnis gesellschaftlicher Zusammenhänge wird mit zunehmender Informationsmasse selbst zum Medienmächrchen: Es war einmal …

Venkatesh, Sudhir – Underground Economy

Kategorie: Gelesene Bücher
Andi Meyer am 20. Mai 2009 um 15:25 Uhr

Was Gangs und Unternehmen gemeinsam haben

Sudhuir Venkatesh studiert Soziologie in Chicago. Wie alle Studenten wird er gewart: Ausserhalb des Campus in den Quartieren, die von Gangs kontrolliert werden, lauert die Gefahr. Doch er will das Leben der Armen erforschen. So macht er sich mit einem Fragebogen auf den Weg: Wie empfindet ihr es, arm und schwarz zusein? «Ich bin nicht schwarz, antwortete J.T. und wechselte wissende Blicke mit den anderen. «Na dann: Was ist es für ein Gefühl, Afroamerikaner und arm zu sein?» Ich bemühte mich um einen entschuldigenden Tonfall und hoffte, dass ich ihn nicht beleidigt hatte. «Ich bin auch kein Afroamerikaner. Ich bin ein Nigger. … Was hier in diesem Gebäude wohnt, sind Nigger», sagte er schliesslich. «Afroamerikaner wohnen in den Vorstädten und tragen Krawatten, wenn sie zur Arbeit gehen. Nigger finden keine Arbeit.»

So beginnen zehn erlebnissreiche Jahre im Kontakt mit dem Gang-Chef J.T. und seiner Familie, mit Drogendealern und alleinerziehenden Müttern, mit Prostituierten und korrupten Polizisten in einem sozialen Brennpunkt von Chicago. Das Buch ist ein spannender Erlebnisbericht mit persönlichen Einblicken in eine Parallelgesellschaft, in ganz andere und doch erstaunlich selbstverständliche Regeln gelten: Als ich sah, wie J.T. seine Verkaufsmannschaften eine nach der anderen ausfragte, wurde mir klar, dass er tatsächlich ein versierter Manager war. Alle seine Bandenmitglieder kannten die Routine. Sobald J.T. an einen Ort kam, ging der Leiter des Verkaufsteams allein zu J.T., nachdem er seine Männer angewiesen hatte, alle Verkaufstätigkeiten einzustellen. Einer der Dealer nahm alles Geld und alle Drogen an sich und verliess die Gegend, damit J.T. bei einem überraschenden Polizeizugriff nicht mit dem Drogenverkauf in Verbindung gebracht werden konnte.

Homepage von Sudhir Venkatesch (externer Link in neuem Fenster)
Sudhir Venkatesch auf wikipedia.org (externer Link in neuem Fenster)

gelesen April/Mai 2009

Hitchens, Christopher – Der Herr ist kein Hirte

Kategorie: Gelesene Bücher
Andi Meyer am 31. Oktober 2007 um 04:22 Uhr

Eine Generalabrechnung mit der Religion, ein Fundament für seinen Athesimus will Christopher Hitchens vorlegen. Er scheitert dabei an einem inneren Widerspruch in seinem Kapitel über Gräueltaten atheistischer Diktatoren. Diese waren ja, so Hitchens, keine echten Atheisten. Echte Atheisten sind Humanisten. Mit diesem Kapitel zerstört er selbst die Speerspitzen seiner Argumentation gegen die Religion. „Keine wahren Christen“, „keine wirklichen Muslime“, „keine treuen Buddhisten“ – so antworten doch alle, angesprochen auf Kreuzzüge und Inquisistion, Selbstmordattentäter oder japanische Kriegsverbrechen.
Das Plädoyer für den Atheismus misslingt. Gerade deshalb empfehle ich das Buch aber jedem religiösen Menschen zur Lektüre. Denn Hitchens schärft unseren Blick zur Unterscheidung von Gut und Böse in der Religion.
Oktober 2007

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